Praxisänderung Handänderungssteuern - Info 1

07.11.2018
Beim Baulandkauf unterliegen im Regelfall künftig auch die Kosten des Bauwerks der Handänderungssteuer! - Im Kanton Bern wird am 3. Dezember 2018 eine Praxisänderung zu den Handänderungssteuern publiziert und spätestens am 1. Februar 2019 im ganzen Kanton in Kraft gesetzt. Damit wird der Baulandkauf künftig teurer. Im Regelfall soll die Handänderungssteuer von 1,8 % neu nicht nur auf dem Landpreis, sondern auch auf den Kosten des Bauwerks erhoben werden; die strenge Praxis wird kaum noch Ausnahmen zulassen. Betroffen sind private wie auch gewerbsmässige Käufer.

Der Kanton Bern ändert die Veranlagungspraxis zum Art. 6a HG (Gesetz betreffend die Handänderungssteuer). Der am 1. August 1999 in Kraft gesetzte Art. 6a HG hat folgenden Wortlaut:

„Schlüsselfertige Baute, Verbindung von Kauf- und Werkvertrag

Bei Kaufverträgen über eine schlüsselfertige Baute oder Stockwerk­einheit und bei Kaufverträgen, die mit einem Werkvertrag so verbunden sind, dass eine schlüsselfertige Baute oder Stockwerkeinheit erworben wird, ist die Steuer auf dem Gesamtpreis (Landpreis und Werklohn) zu bemessen.“

Seit dem Jahr 1999 wurde diese Bestimmung in konstanter Praxis nach dem „Bauherrenprinzip“ bzw. nach dem „Motorprinzip“ ausgelegt. War der Verkäufer (oder eine dem Verkäufer nahestehende Person) die treibende Kraft des auf dem erworbenen Land zu realisierenden Bauprojekts, unterlag schon bisher die Summe von Land- und Werkpreis der Handänderungssteuer. War jedoch der Käufer Initiant („Motor“) eines solchen Bauprojekts, musste dieser die Hand­änderungssteuern nur auf dem Landpreis, nicht jedoch auf den Kosten des (Bau-) Werks bezahlen. Die Besteuerung von Land- und Werkpreis betraf somit (in der Regel) nur den privaten, nicht jedoch den gewerbsmässigen Käufer.

Ein Steuerfall aus dem Seeland, welcher durch alle Instanzen bis an das Bundesgericht gezogen wurde, führt jetzt zu einer Änderung der Veranlagungspraxis (vgl. das Urteil Nr. 2C_879/2017 des Bundesgerichts vom 15.03.2018). Das bisherige „Bauherrenprinzip“ bzw. „Motorprinzip“ hat ausgedient. Nach neuer Praxis gilt das „Selbstbindungsprinzip“, d.h. es wird darauf abgestellt, ob der Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. der Grundbuchanmeldung seines Kaufvertrags in irgendeiner Art und Weise, rechtlich oder auch nur erst faktisch, „gebunden“ ist, ein mit dem Baulandkauf zusammenhängendes Bauwerk zu realisieren, unabhängig davon, wie diese „Bindung“ zustande gekommen ist.

Gemäss den heute vorliegenden (noch nicht erhärteten, d.h. noch nicht offiziell bestätigten) Informationen werden künftig (fast) alle Vorabklärungen zur Bebaubarkeit von Bauland dazu führen, dass diese „Selbstbindung“ bejaht wird, sofern diese Vorabklärungen vorgängig zum Abschluss des Kaufvertrags bzw. zwischen Vertragsabschluss und Grundbuchanmeldung dieses Vertrags getätigt werden. Wer somit im kritischen Zeitraum nicht nur ganz rudimentäre Abklärungen trifft, sondern z.B. Machbarkeitsstudien oder Vorprojekte verfassen lässt, Bauanfragen einreicht oder bereits einen Planer- bzw. Wertvertrag abgeschlossen hat, der wird künftig die Handänderungssteuer auf dem Landpreis und auf den für sein Projekt anfallenden Kosten bezahlen (offen und bisher nicht geklärt ist, wie diese Projektkosten erfasst werden sollen).

Diese neue Praxis betrifft nicht nur den privaten Käufer, sondern auch den Immobilienentwickler, Generalunternehmer usw. als gewerbsmässigen Käufer! Nur derjenige gewerbsmässige Käufer, welcher in der Lage ist, die vollumfängliche Entwicklung und Realisierung einer Überbauung ohne Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit vorzunehmen, wird von dieser Praxis nicht betroffen sein. Dies bedeutet, dass der gewerbsmässige Käufer, welcher beim Abschluss des Kaufvertrags bereits weitergehende Vorabklärungen getroffen hat, nachzuweisen hat, dass er eine Gesamtüberbauung ausschliesslich „in House“, d.h. ohne Beizug von Dritten, entwickeln und realisieren kann. Dabei soll streng auf die einzelne juristische Person abgestellt werden, d.h. die Gesamtentwicklung und Gesamtrealisierung innerhalb eines Konzerns soll (gemäss heutigen Informationen) nicht genügen. Die neue Praxis betrifft nicht nur den Baulandkauf, sondern u.a. auch die Einräumung von Baurechten an Bauland, aber auch den Kauf von Abbruchobjekten.

Die hier dargestellte Praxisänderung wird am 3. Dezember 2018 publiziert. Sie kann ab diesem Zeitpunkt in einem im E-Handbuch (Handbuch für den Verkehr mit den Grundbuchämtern und für die Grundbuchführung) neu aufzuschaltenden Kapital nachgelesen werden (https://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/direktion/organisation/gba/handbuch.html). Spätestens am 1. Februar 2019 wird die Praxisänderung auf dem ganzen Kantonsgebiet in Kraft gesetzt; bis dahin gilt die jeweilige Amtspraxis (was bedeutet, dass diese neue Veranlagungspraxis – je nach Amtspraxis – bereits heute angewendet wird oder auch früher, d.h. vor dem 1. Februar 2019 verschärft werden kann).

Wer aktuell die Absicht hat, eine Baulandparzelle zu kaufen, und wer im Hinblick auf diesen Kauf bereits Vorabklärungen getätigt hat, welche nicht nur marginaler Natur sind, dem wird dringend empfohlen, diesen Kauf vor dem 3. Dezember 2018 abzuwickeln (Beurkundung des Kaufvertrags und Grundbuchanmeldung). Wer künftig eine Baulandparzelle kaufen will, wird diesen Kauf vorgängig zu allen vertieften Bebauungsabklärungen abwickeln müssen, um dieser erweiterten Besteuerung entgehen zu können.

Die vorstehenden Erläuterungen basieren auf den heute zugänglichen Informationen zu einer sich anbahnenden, sich aber noch in Bearbeitung befindlichen Praxisänderung. Die definitive Praxisänderung, welche vom Kanton am 3. Dezember 2018 publiziert wird, kann somit von diesen Erläuterungen abweichen. Massgeblich ist in jedem Fall die vom Kanton festgelegte neue Praxis zum Handänderungssteuergesetz.

Steffisburg, den 7. November 2018

 

Teilen auf